Dr. Karl Weiss

1895 - 1959

Oberstudiendirektor, Leiter des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Heilbronn. Auf einer Fahrt nach dem von ihm so geliebten Frankreich hatte ihn in der Bretagne am 27. Juli 1959 der Tod ereilt. Auch diese Reise hatte dazu dienen sollten, durch das Knüpfen persönlicher Beziehungen von Mensch zu Mensch, die er für sich und seine Schüler suchte, seinen Beitrag zu liefern zur Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland, in welcher er eine wichtige Voraussetzung für die Zukunft Europas sah. So hatte er auch, erst zwei Monate zuvor, bei einem Besuch unseres Kontakt-Clubs Bourg-en-Bresse in Heilbronn bei dem festlichem Empfang in der Harmonie zu Ehren der französischen Gäste in französischer Sprache einen Vortrag über „Friedrich Schiller, Mensch und Werk" gehalten, um unseren Gästen im Schillerjahr den großen Sohn unserer schwäbischen Heimat vertraut zu machen. Nur 2 1/2 Jahre hatte er unserem Club angehört. Aber in dieser kurzen Zeit war schon eine herzliche Freundschaft zwischen uns und diesem aufgeschlossenen und für frohe Geselligkeit empfänglichen Manne erwachsen.

Er war eine begnadete Erzieherpersönlichkeit, ein Schulmeister im besten Sinne des Wortes, ein weltoffener Pädagoge, ein Freund aller seiner Lehrer und Schüler. Als er nach 15jähriger Tätigkeit an Gymnasien seiner thüringischen Heimat, vorwiegend in Weimar, und nach der Teilnahme an zwei Weltkriegen und einem vorübergehendem Aufenthalt in Schwäbisch Gmünd im Jahre 1951 zum Leiter des Theodor-Heuss-Gymnasiums berufen worden war, gab er seine ganze, durch die Kriegsgefangenschaft stark angegriffene Kraft, seiner vor kurzem erst aus der Aufteilung der Vereinigten Oberschulen Heilbronn als selbständige Anstalt hervorgegangenen Schule sein Gesicht zu geben. Dass er 1958 im Beisein des Bundespräsidenten Theodor Heuss den dank seiner Initiative auf dem Platz des alten Karls-Gymnasiums erstellten neuen modernen Gymnasiumsbau übernehmen durfte, war wohl der Höhepunkt im Leben dieses hervorragenden Schulmannes, dessen Höchstes es war, junge Menschen unterrichten und erziehen zu dürfen - noch mehr: ihren Charakter zu bilden und ihnen den Weg zu weisen zu eigenem freien Menschentum.

Am 21. Juli hatten wir uns von ihm vor Antritt seiner Fahrt auf französische Schlachtfelder des zweiten Weltkriegs, auf denen er gekämpft hatte, verabschiedet. Am 27. Juli hatte er sich am Meeresstrand zum Bade gelagert. Als sein ihn begleitender Sohn von kurzer Abwesenheit zurückkam, fand er den Vater tot vor. Ein Herzschlag hatte seinem Leben ein Ende gemacht. Gibt es Ahnungen? Der letzte Eintrag in seinen Aufzeichnungen, die er während der amerikanischen Kriegsgefangenschaft über die ihn bewegenden Fragen gemacht hatte, schloss am 5. August 1945 mit dem Worte des 103. Psalms: „Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde; wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da und ihre Statt kennt sie nicht mehr. Die Gnade aber des Herrn währt von Ewigkeit zu Ewigkeit."

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